Campus – ein neues Quartier für Basel
Seit 2013 treibt Helvetia den Campus Basel voran. Im Herbst 2019 durfte das Projekt endlich durchstarten. Arbeiten, tagen, speisen und den Park geniessen – der Campus wird vielfältig. So auch die Arbeit mit den Stakeholdern: Architekten, Baupartner, Behörden, Mitarbeitende, Nachbarn, Gärtner, Polizisten, Autofahrer … Projektleiter Kai Wiborny jongliert mit vielen Bällen.
Text Olena Faes Fotos Damian Poffet, z.Vg.
Kai, du leitest und koordinierst das grosse Bau- und Sanierungsprojekt Campus. Was alles umfasst der Campus?
Die Planung des Campus betrifft als Erstes den Rückbau des Wohnhauses VB4. An dessen Stelle wird der Zwillingsbau des bestehenden VB1 erstellt. Ein Auditorium mit Platz für bis zu 290 Gästen wird die markanten Bauten miteinander verbinden. Damit es seinem Zwilling ebenbürtig ist, wird das VB1 saniert. Geplant ist, in einer zweiten Etappe das VB2 zu sanieren und aufzustocken. Allenfalls wird das Projekt aber auch noch erweitert. Die dritte Etappe widmet sich den Wohnüberbauungen an der St. Alban-Anlage. Im Jahr 2027 sollen alle Bauarbeiten am Campus beendet und das Gesamtprojekt abgeschlossen sein.
Wie kam die Idee für den Campus zustande?
Eine kleine Projektgruppe erkannte den Sanierungsbedarf der einzelnen Gebäude und schrieb einen Architektur-Wettbewerb aus. 2014 wurde der Planungsauftrag an Herzog & de Meuron vergeben. Ein solches Verfahren ist üblich, denn ein Projekt dieser Grösse soll nicht nur schön aussehen, sondern auch nachhaltig ins Gesamtbild der Stadt passen. Sobald es um ein höheres oder signifikantes Gebäude geht, fordert die Stadt Basel, einen Architekten-Wettbewerb. Durch den Zusammenschluss mit Nationale Suisse und Einsprachen zum Baugesuch verlängerte sich der Planungsprozess jedoch um weitere zweieinhalb Jahre.
Mit Corona haben wir erlebt, wie rasch sich Situationen in der Wohn- und Arbeitswelt verändern können. Wie trägst du diesem Fact in der Planung Rechnung?
Die Planung des Campus ist so flexibel, dass auf Bedürfnisse eingegangen und Anpassungen vorgenommen werden können. Der Grundriss ist so gestaltet, dass er auch in ein paar Jahren noch allen Vorstellungen und Anforderungen gerecht wird. Mehr Sitzungszimmer, weniger fixe Büroräume und mehr flexible Arbeitsflächen unterstützen dieses Konzept.
Seid ihr bei der Planung des Campus auf Widerstand gestossen? Gab es Leute, die nicht einverstanden waren mit der Umsetzung?
Widerstand gab es besonders vom Mieterverband gegen den Abriss des VB4 und von den Nachbarn gegen den Neubau. Helvetia wird neuen Wohnraum schaffen, aber erst zu einem späteren Zeitpunkt und nicht direkt am Campus, sondern auf der gegenüberliegenden Strassenseite. ‹‹Vernichtung›› von Wohnraum ist im Bebauungsplan nicht vorgesehen. Durch den Wiederaufbau an einem neuen Ort wurde das Baugesuch jedoch trotz des vorhergehenden Abrisses bewilligt.


Die Zusammenarbeit mit verschiedenen Interessengruppen stelle ich mir anspruchsvoll vor. Wo liegen da die Herausforderungen?
Wir haben eine sehr intensive Baustelle, da versteht man, dass die Anwohner sich ab und an gestört fühlen. Wir versuchen die negativen Auswirkungen der Baustelle auf die Nachbarn so gering wie möglich zu halten. Trotzdem gibt es Beschwerden über Lärm oder Schmutz, die auf der Baustelle entstehen. Wir bemühen uns– soweit möglich, auf die Nachbarn und ihre Bedürfnisse einzugehen und Verständnis zu schaffen.
Und die Mitarbeitenden?
Es sind verschiedene Bedürfnisse und Vorstellungen vorhanden, die so gut es geht in die Planung einfliessen. Bei den Mitarbeitenden ist es wichtig zu erfahren, wie sie arbeiten wollen. Jeder arbeitet anders und wünscht sich dies oder jenes, um seinen Job effizient zu erledigen. Auch da ist es anspruchsvoll, möglichst alle Bedürfnisse unter einen Hut zu bringen. Diese Fragen stellen sich im gesamten Planungsprozess in unterschiedlicher Tiefe.
Wie behältst du bei all den parallel laufenden Arbeiten den Überblick?
Teamwork makes the Dreamwork. Ich schaffe das unmöglich alles alleine; dafür ist ein Planungsteam von rund 80 Personen, mich eingeschlossen, notwendig. Vor allem der Generalplaner und der Architekt helfen, Entscheidungen zu fällen. Auch die von SIA vorgegebenen Normen erleichtern den Beschluss. Erfahrung und manchmal auch ein bisschen Bauchgefühl führen einen in die richtige Richtung. Es gib kein Tool, um den Überblick zu behalten. Am Ende orientiere ich mich immer am Gesamtterminplan. Ein schlankes Gremium, sowie kurze Entscheidungswege sind unabdingbar für reibungslose Abläufe. Puffer sind auch wichtig, denn teilweise werden Entscheidungen hinterfragt und neu überdacht und der Zeitplan ändert sich wieder.

Das läuft also wie am Schnürchen…
Meistens. Es gibt bei aller Planung immer auch Unvorhersehbares. Beim Campus war dies z.B. mal ein alter Brunnen, der beim Aushub der Baugrube in 12 Metern Tiefe freigelegt wurde. Für einen Moment wird das natürlich spannend: Ist dieser Brunnen archäologisch wertvoll? Muss er erhalten werden? Die Fachstelle Archäologie dokumentierte alles. Wir hatten Glück und erhielten die Freigabe, den Brunnen abzubrechen.
Wie schritt das Projekt voran während des Lockdowns?
Das Corona-Virus wirkte sich erstaunlich wenig auf die Baustelle aus. Natürlich waren wir in Alarmbereitschaft, doch wir konnten die Abstands- und Hygienevorschriften des BAG einhalten und so kam es zu keinen grösseren Verzögerungen. Auf die Digitalisierung, die mit dem Lockdown Hand in Hand ging, waren wir bestens vorbereitet. Schon bei der Planung wurde die Möglichkeit bedacht ein Shared-Desk-Konzept umzusetzen, und auch, was zukünftige Veränderungen angeht, ist das Grundkonzept des Campus sehr anpassungsfähig.
Provokative Frage: Braucht es angesichts von Digitalisierung und Flex Office den Campus überhaupt noch?
Ja, davon bin ich überzeugt. Durch die Büroarbeitsplatzgestaltung und durch die vielen separaten Bereiche, in denen ich auch mal ein anderes Arbeitserlebnis haben kann, wird der Campus sehr vielen Mitarbeitenden Platz bieten.
Wir können sehr gut auf die Einführung des Flex Office reagieren. Der Campus, so wie er geplant ist, erfordert dann keine zusätzlichen Erweiterungen. Wahrscheinlich werden wir die Vorgabe der Konzernleitung «alle an einem Standort» gut einhalten können. Aber wer weiss schon, was in ein paar Jahren sein wird?
Wo steht das Projekt Campus aktuell? Was sind die nächsten Schritte?
Die Baustelle ist jetzt soweit, dass wir anfangen, die Obergeschosse zu erstellen. Man kann schon erkennen, was später das Hochhaus ausmachen wird. Beispielsweise sieht man ein Rautenfenster schon sehr gut, hinter dem später ein grosses Sitzungszimmer sein wird. Was die Planung angeht, kümmern wir uns im Moment vermehrt um den Innenausbau. Solche Sachen sind immer zeitversetzt. Das heisst, dass man zuerst den Rohbau organisiert, mit dem Bau startet und dann erst mit der Feinplanung des Innenausbaus beginnt. Eine grobe Planung gab es schon, aber jetzt reden wir über Dinge wie Bodenbeläge, Wände, Beleuchtung, AV-Technik, IT-Ausstattung etc. All das wird mit den internen Gremien, aber auch mit den Architekten und Fachplanern entwickelt, zusammen bestimmt und freigegeben. Der Campus nimmt von Tag zu Tag mehr Gestalt an und es ist eine Freude diesen Prozess von Anfang bis Ende mitzuerleben.
viva. aufbauen.