Lassen wir den Sturm vorbeiziehen!
Die Herausforderungen im Vertrieb sind gross. Seit dem Frühjahr 2020 schlägt auch noch COVID-19 zu. Glenn Zanetti, Generalagent auf der GA Lausanne La Côte spricht die wunden Punkte an und sieht die Chancen.
Interview Isabella Awad Fotos zVg.

Glenn Zanetti, Generalagent der GA Lausanne La Côte
Glenn, was zeichnet dich als Generalagent aus oder einfach als Chef?
Das ist keine einfache Frage. Ich teile sicher gewisse Charakterzüge mit meinen Mitarbeitenden. Ich bin niemand, der alles vorgibt und kontrolliert. Ich versuche ein Vorbild zu sein – aber ich glaube, den perfekten Chef gibt es nicht.
Worauf achtest du besonders in der Zusammenarbeit mit deinen Mitarbeitenden?
Ich interessiere mich für sie und bin ihnen nah. Ich versuche immer daran zu erinnern, was unserem Beruf Sinn gibt. Ich ermutige, Danke zu sagen und Komplimente zu machen. Das ist nicht einfach, denn der Mensch kritisiert lieber, als dass er Positives nennt.
Wie förderst du den «Unternehmergeist» unter deinen Mitarbeitenden?
Jeder von uns spielt eine wichtige Rolle in unserer Agentur und ganz allgemein bei Helvetia. Ich ermuntere die Mitarbeitenden, Initiative zu zeigen, in einer Berufswelt, die sehr konformistisch ist. Ich bin überzeugt, dass in unserem Beruf die Fähigkeit, Chancen zu erkennen, sie zu ergreifen und umzusetzen, ein Schlüssel zum Erfolg ist.
Dann magst du Veränderungen?
Ich mag keine Routine, also mag ich intuitiv Veränderung! Ich bin mir jedoch bewusst, dass sie auch destabilisierend wirken kann. Dabei interessiert es mich, den Markt und das Verhalten der Kunden zu verstehen, sowie diejenigen, die interne Veränderungen in unserem Unternehmen lenken. Das ist meine Art, vorausschauend zu handeln.
Wie triffst du Entscheidungen?
Um gute Entscheidungen zu treffen, muss man seinen Stolz etwas zurückstecken. Und dann gibt es nicht nur leichte Entscheidungen. Einige erfordern Reflexion und/oder Mut, weil sie Auswirkungen auf andere Menschen haben. Ich vertraue den Menschen in meinem Umfeld und entscheide, wenn möglich, partnerschaftlich.
Was ist wirtschaftlich gesehen das Besondere an der Region Lausanne?
Die Region erlebt seit mehreren Jahren wirtschaftlichen Wohlstand – auch wenn COVID-19 diese Dynamik im Jahr 2020 verlangsamt hat. Mehrere multinationale Konzerne haben hier ihren Hauptsitz. Rund 36’000 weitere KMU halten die Waadtländer Wirtschaft in Schwung – das bietet uns viele Chancen! Aus diesen Gründen setzen wir alles daran, unsere Fähigkeiten in der Beratung der KMU weiterzuentwickeln.
Wie steht der Aussendienst zu den alternativen Vertriebskanälen?
Zusammenarbeit und Akzeptanz sind nicht immer gleich, sie hängen von strategischen Allianzen ab. Einige bieten Möglichkeiten für Zugang, Erwerb oder Austausch, andere sind ein Risiko für unser Wachstum und unsere Beziehungen. Bei diesen Themen ist es mir wichtig, dass meine Mitarbeitenden ihre Zweifel oder ihre Kritik äussern.

GA Lausanne La Côte Ort: Lausanne Anzahl Mitarbeitende: 33 Anzahl Kunden: 28 000 Wo die GA stark ist: Im Vorsorge und Hypothekengeschäft
Ist Kundenbindung überhaupt möglich ohne persönliche Beratung? Zum Beispiel über soziale Medien?
Unsere sozialen Netzwerke ermöglichen es uns, eine bestimmte Art von Kunden anzusprechen. Ich stelle aber fest, dass diese Kunden weniger loyal sind und sich weiter umschauen nach einem attraktiveren oder billigeren Produkt! Trotz der technologischen Entwicklung bleibt der Kundenservice vor allem eine «persönliche» Interaktion. Ich glaube, dass wir in vielen Punkten, einschliesslich der Loyalität, einen grossen Unterschied machen können.
Die Anforderungen der Kunden verändern sich, und mit ihnen unsere Produkte, die Arbeitsweise unserer Mitarbeitenden und so weiter. Wie gehst du mit diesem Thema um?
Das ist richtig, die Kundenanforderungen ändern sich. Wir müssen in der Lage sein, unsere Produkte und Dienstleistungen schnell anzupassen. Wir diskutierten das vor Kurzem an einer Sitzung in Andermatt, und es stellte sich heraus, dass es in diesen Bereichen erheblichen Verbesserungsbedarf gibt. Wenn wir über unsere Prozesse und ihre Effizienz nachdenken, wird uns bewusst, dass einige von ihnen veraltet sind und es höchste Zeit ist, diese zu verändern.
Wohin geht die Reise der GA, wenn immer mehr Menschen digital arbeiten?
Die Agentur der Zukunft wird der sichtbarste Ort auf operativer Ebene sein und derjenige, an dem die Konsumenten entscheiden werden, treue Kunden zu werden oder zu einem Konkurrenten zu wechseln. Wir alle müssen uns zusätzliche Fähigkeiten aneignen, insbesondere im Bereich der digitalen Nutzung und des digitalen Austauschs. Wir sind uns auch bewusst, dass unser Wissen und unser Beratungstalent alleine nicht mehr die Bezeichnung «aussergewöhnlicher Service» verdienen.
Welche Ziele leitest du ab?
Auch wenn es paradox klingt, möchte ich in diesen unsicheren Zeiten sicherstellen, dass alle meine Mitarbeitenden Helvetia, deren Aktivitäten und Werte kennen. Gegenüber unseren Kundinnen und Kunden wollen wir proaktiver auftreten, das CRM professioneller einsetzen, die Prozesse ptimieren und flexibel bleiben im Umgang mit unseren Kunden.
Wie wirkt sich Corona aus auf dich und deine Mitarbeitenden und wie haben eure Kunden reagiert?
Ich habe mich im Frühjahr mit dem Virus angesteckt. Nebst der Angst bescherte es mir zwei Wochen Isolation zu Hause. Gleichzeitig lag einer unserer Berater auf der Intensivstation – wir sorgten uns um seine Gesundheit und auch um diejenige der anderen Mitarbeitenden. Corona traf uns unvorbereitet, was uns gezwungen hat, kreativ und pragmatisch zu agieren. Jetzt hat sich die Situation geändert: Die Verhaltensregeln halten wir strikt ein, damit die Sicherheit für alle gewährleistet ist. Die Mehrheit der Kunden lassen nach wie vor die persönliche Beratung zu. Tatsache bleibt, dass Corona unsere Ergebnisse beeinflussen wird.
Wie findest du im Moment die Work-Life-Balance?
Klar, dass die aktuellen Umstände zu einem Ungleichgewicht führen: viel Arbeit, Schwierigkeiten und sinkende Zufriedenheit aufgrund der Ergebnisse unserer Agentur. Mein soziales Leben ist stark eingeschränkt. Die Reisen, mit denen ich mich nach intensiven Arbeitswochen belohne, fallen auch ins Wasser. Aber lassen wir den Sturm vorbeiziehen! Nach dem Regen scheint bekanntlich wieder die Sonne :).

viva. aufbauen.