Erfolg durch intrinsische Motivation.
Helvetia zielt darauf ab, mit der neuen Strategie internationaler zu werden. Dadurch gewinnt Specialty Markets weiter an Bedeutung. Dass das mehr Verantwortung, aber auch viele Chancen bedeutet, weiss CEO David Ribeaud.
Text Sarah Büchel Fotos Anna-Tina Eberhard, St. Gallen
David, mit der neuen Strategie rückt dein Segment stärker ins Rampenlicht. Was verändert sich dadurch?
Wir sind in den letzten Jahren stark gewachsen – von CHF 750 Millionen Geschäftsvolumen im Jahr 2015 auf heute rund CHF 2 Milliarden. Die intrinsische Motivation ist das, was uns schon immer antrieb. Natürlich kommt mit mehr Visibilität mehr Verantwortung, und es wird uns noch bewusster, dass das Segment als strategisch wichtige Säule der Gruppe Erfolg haben muss. Zudem werden wir als Teil der Global-Specialty- Strategie einen Beitrag zur Entwicklung der Specialty Lines in allen Ländermärkten leisten.
Was bedeutet das konkret?
Wir wollen in allen Ländermärkten eine führende Position in den Specialty Lines einnehmen. In Frankreich und in der Schweiz sind wir bereits sehr gut positioniert und werden diese Expertise in Zukunft gewinnbringend einsetzen, indem wir enger mit den relevanten Markteinheiten arbeiten. Wir haben vor, diese aktiv zu unterstützen und wichtige Voraussetzungen wie Rückversicherungskapazität, Ausbildung und Zugang zum internationalen Netzwerk noch weiter auszubauen, damit sie in den kommenden Jahren profitabel wachsen.
Und was bedeutet die Strategie für Specialty Markets?
Neu ist, dass man sich als Gruppe nun zu diesem Geschäft explizit bekennt. Man weiss, dass dieses Geschäft den sogenannten Underwriting- Zyklen unterworfen ist und risikobedingt volatil sein kann. Es kann somit ab und zu auch mal ein schlechtes Jahr geben sowie Phasen, in denen wir marktbedingt schrumpfen müssen. Dies offen und transparent zu kommunizieren, hilft uns, einerseits Geschäft diszipliniert zu zeichnen und andererseits Chancen, auch wenn sie mit mehr Volatilität verbunden sind, konsequent zu nutzen. Dadurch können die Risiken auf Gruppenstufe besser diversifiziert werden, was zu einer höheren erwarteten Kapitalrendite führt.
Wo möchtest du 2035 stehen?
Unsere Vision hat zwei Aspekte. Wir wollen erstens weltweit zu den besten Smart Followers in internationalen Specialty Lines sowie Rückversicherung gehören. Follower heisst, dass wir uns mit einer schlanken Infrastruktur an Risiken beteiligen, ohne aber die Vertragsführung zu übernehmen. Smart heisst, dass wir uns nicht wahllos, sondern selektiv und technisch fundiert am Markt beteiligen. Diese schlanke Infrastruktur erlaubt es uns auch, mit den Zyklen zu wachsen und zu schrumpfen. Zweitens beabsichtigen wir in allen Ländern, in denen wir präsent sind, zu den führenden Erstversicherern in den Specialty Lines zu gehören und für die KMUs ein wichtiger Partner zu werden.
Was heisst es für dich, «Global Specialist» zu sein?
Specialist heisst, dass unsere Expertinnen und Experten die versicherten Risiken eingehend verstehen.
Wir beschäftigen Ingenieure, Chemiker:innen, ehemalige Spediteure, Schiffskapitäne usw. aus mehr als 15 Nationen, um dies sicherzustellen. Dies ist nicht einfach kopierbar und somit ein differenzierender Faktor. Global heisst, wir setzen diese Kenntnisse mit Erfolg in allen relevanten Bereichen innerhalb der Gruppe ein.
«Die Leute an der Front müssen wir konsequent befähigen und unterstützen, denn dort kann man mit Qualität überzeugen und Kunden gewinnen.»
Können wir mit den grossen Globalen Playern denn mithalten?
Das wollen wir gar nicht. Die Kunden wollen nie 100 % ihrer Deckungen bei den globalen Playern platzieren, sondern immer auch kleinere und mittlere Gesellschaften beteiligen. Da wollen wir zu den Besten gehören, und unsere Konkurrenten sind somit andere kleinere und mittlere Gesellschaften.
Was macht uns diesbezüglich attraktiv?
Je grösser eine Gesellschaft ist, desto länger sind die Entscheidungswege und desto weniger befähigt ist die Organisation. Gerade weil wir das nicht sind, sind wir attraktiv – sowohl für Mitarbeitende als auch für Broker und Kundinnen. Die Leute an der Front müssen wir konsequent befähigen und unterstützen, denn dort kann man mit Qualität überzeugen und Kunden gewinnen.
Welche Bedeutung misst du der Kultur in der erfolgreichen Umsetzung der Strategie bei?
Eine sehr grosse. Wir müssen fokussiert, lösungsorientiert und pragmatisch sein und einander vertrauen. Dies setzt Mut voraus, und wir müssen akzeptieren, dass wir nicht Perfektion erzielen können, sondern Kompromisse eingehen, um wettbewerbsfähig zu sein. Dazu gehört Verzicht, z. B. auf externe Unterstützung, auch wenn wir intern vielleicht nicht gerade alles wissen. Oder eine möglichst effektive Umsetzung regulatorischer Anforderungen. Hier sehe ich noch Potenzial, damit wir uns von der generell zunehmenden Komplexität nicht zu stark einnehmen lassen.
Wie trägst du persönlich zur Umsetzung der Strategie bei?
Indem ich die Mitarbeitenden befähige, ihnen Vertrauen schenke, pragmatisch bin, schnell entscheide und sicherstelle, dass wir als Team dieselben Ziele verfolgen.

Im Windschatten
Fahrradfahren ist am eigenen Leib erfahrbare Physik. Dazu gehört auch das schöne Phänomen des Windschattens, perfektioniert im «Belgischen Kreisel», einer Technik, bei der sich die Fahrerinnen oder Fahrer in einer Gruppe stetig in der Führung abwechseln. Die Energieersparnis im Windschatten ist beträchtlich und beträgt bis zu 30 %. Deshalb nennt man die, die nicht führen wollen, gerne auch «Lutscher».
Foto Sam Buchli, Bern
Im Windschatten
Fahrradfahren ist am eigenen Leib erfahrbare Physik. Dazu gehört auch das schöne Phänomen des Windschattens, perfektioniert im «Belgischen Kreisel», einer Technik, bei der sich die Fahrerinnen oder Fahrer in einer Gruppe stetig in der Führung abwechseln. Die Energieersparnis im Windschatten ist beträchtlich und beträgt bis zu 30 %. Deshalb nennt man die, die nicht führen wollen, gerne auch «Lutscher».
Foto Sam Buchli, Bern