Die Weichen stellen für die Zukunft von Helvetia.
Der Verwaltungsrat von Helvetia trifft viele zukunftsweisende Entscheide, zum Beispiel zur Strategie oder die Ernennung des neuen Group CEO. Verwaltungsratspräsident Thomas Schmuckli gibt einen Einblick, wie der VR solche Entscheide fällt und wie weit der Blick in die Zukunft reicht.
Text Jonas Grossniklaus Fotos Marc-Dave Maier, Neuenkirch

Wie geht der Verwaltungsrat zukunftsweisende Entscheide an?
Der Verwaltungsrat macht sich zuerst ein Bild davon, wo Helvetia aktuell steht und wie sie sich unlängst verändert hat – zum Beispiel durch die grosse Akquisition von Caser in Spanien. Das führt in eine SWOT-Analyse: Wo sind wir stark? Wo haben wir Schwächen? Wo gibt es Chancen und wo Risiken? Danach geht es um die Frage, wohin wir Helvetia entwickeln möchten und was es braucht, um von der aktuellen Situation dorthin zu kommen.
Wie entsteht das Bild davon, wohin sich Helvetia entwickeln will?
In der Strategie helvetia 20.25 ist das gemeinsame Bild definiert. Hier haben Verwaltungsrat und Konzernleitung gemeinsam im Jahr 2019 eine Idee zur Frage entwickelt, wo wir Ende 2025 stehen wollen. In einem ersten Schritt ging es dann darum, entsprechende strategische Prioritäten zu definieren und strategische Massnahmen auszurollen, zu messen und regelmässig anzupassen.
Mit der Akquisition von Caser gab es 2020 ein neues Element und Europa wurde als zweites starkes Standbein weiter ausgebaut. Nach der Eingliederung von Caser haben sich Konzernleitung und Verwaltungsrat anlässlich ihrer Retraite 2022 überlegt, was es für Helvetia heisst, dass man neben der Schweiz jetzt noch einen nahezu gleich grossen Markt im Ausland hat, und diskutiert, welche Schwerpunkte sich daraus ergeben. Das führte zum Statement meinerseits am letztjährigen Executive Management Meeting in Madrid, dass Helvetia den nächsten Schritt von einer Gruppe mit europäischen Versicherungen zu einem integrierten europäischen Versicherungskonzern machen möchte. Allerdings gibt es noch kein einheitliches Bild, wie tiefgreifend die Integration sein soll. In einem ersten Schritt ist die verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Gruppenfunktionen Finanzen, IT, Asset Management, Aktuariat und Corporate Center und den Markteinheiten über die funktionale Führung festgelegt worden. Diese zielt darauf ab, die inhaltliche und organisatorische Effektivität zu erhöhen und damit Wert zu schaffen.
«Wir fragen uns, wer sind unsere Kundinnen und Kunden im Jahr 2035, welche Bedürfnisse werden sie haben und wie können wir diese erfüllen?»
Gibt es ein Zielbild, das über 2025 hinausgeht?
Nein, dieses Zielbild haben wir noch nicht. Die ersten Diskussionen haben begonnen: an der Kundenfront oder funktional in der IT. Wir fragen uns, wer sind unsere Kundinnen und Kunden im Jahr 2035, welche Bedürfnisse werden sie haben und wie können wir diese erfüllen? Die Ergebnisse werden in den kommenden Monaten vorliegen und die Grundlage für den nächsten Strategiezyklus bilden.
Welche Rolle spielen dabei die neuen Möglichkeiten der digitalen Transformation?
Bei der digitalen Transformation geht es darum zu erkennen, welche Trends auf uns zukommen und welche Möglichkeiten sich eröffnen werden; Stichwort ChatGPT, wo die IT sehr innovativ bereits verschiedene Bereiche abdeckt und sehr experimentell unterwegs ist. Selbstverständlich ist es aber nicht die Technik, die steuert, sondern das gemeinsame Kundenbild. Die Vertriebsfront sagt, wie wir Kundinnen und Kunden auf all unseren Vertriebskanälen bedienen, und die IT zeigt auf, wie sie die Vertriebsfront unterstützen kann.
Zum Schluss: Wie hältst du es mit Plänen für deine Zukunft?
Typologisch bin ich einer, der sehr gerne einen Plan hat und der organisiert ist. Doch im Leben kommt es oft anders, als man denkt. Noch vor 18 Monaten hätte ich mir nicht vorstellen können, VR-Präsident von Helvetia zu werden. Daher stelle ich fest, dass ich für mich persönlich von der langfristigen Planung wegkomme; rundherum verändert sich so viel. Es ist vielleicht ein Widerspruch: Auf der einen Seite habe ich für Helvetia eine sehr langfristige Perspektive, ganz nach dem Motto: Gouverner, c’est prévoir. Und ich freue mich sehr, auch in Zukunft als VRP mit und für Helvetia arbeiten zu können. Auf der anderen Seite bin ich im Privaten im Hier und Heute, also kurzfristig, unterwegs.