Windeln, Bier oder neue Schuhe gefällig?
Text Philipp Gmür Illustration Kornel Stadler
Heutzutage gibt es über immer mehr Menschen immer mehr Informationen auf immer mehr Datenträgern. Die Fülle der verfügbaren Daten macht es anspruchsvoll, diese effizient und effektiv zu nutzen, ohne dabei beispielsweise Datenschutzregeln oder gebührenden Anstand zu verletzen. Bei allem, was wir sagen oder tun, hört oder schaut oder liest jemand mit…
Natürlich erleichtert es die Ferienplanung, wenn das Reisebüro die Vorlieben mittlerweile kennt. Natürlich ist es angenehm, wenn bei der Reservation eines Restaurantbesuches die Rezeptionistin jeweils den Lieblingstisch zuteilt und der Sommelier den Weingeschmack in Erinnerung behält. Natürlich fühlt man sich als Kundin und Kunde ernst genommen, wenn die Friseurin, der Metzger, der Garagist oder die Gärtnerin die individuellen Wünsche gespeichert haben. Bisweilen treibt zu viel «Data Analytics» jedoch seltsame Blüten. Seit meine Tochter ohne besonderen Anlass Aptamil Folgemilch gegoogelt hat, poppt bei ihr ständig Windelreklame auf.
Einer meiner Söhne hat im Netz Schuhe gesucht und diese längst bestellt; trotzdem erhält er regelmässig die gleiche Werbung. Erstaunlicher noch mutet Folgendes an: Bei der Niederschrift dieser Zeilen sind keine 24 Stunden vergangen, seit ich gemeinsam mit meinem Ältesten in einem Supermarkt ein spezielles Bier gekauft habe. In der Zwischenzeit wurde ihm auf Instagram zweimal die nämliche Werbung angezeigt...
Natürlich werde ich zu Hause oft als «Boomer» auf die Schippe genommen. Für einmal konnte ich mir ein Lachen aber nicht verkneifen: Manchmal hilft es, wenn man nicht auf allen sozialen Medien aktiv ist. So gibt mir jedenfalls niemand ungefragt Ratschläge für Windeln, unbequeme Schuhe oder das vermeintlich beste Bier.
Herzlich, Philipp Gmür
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